Mittelalterliche Städte haben ein ganz besonderes Flair und ziehen Besucher aus der ganzen Welt an. Dabei sind es nicht die lebhaften Innenstädte, in denen sich die Nächte durchfeiern lassen, die die Gäste anziehen. Vielmehr sind es gut erhaltene historische Gebäude, die im Laufe der Geschichte des betreffenden Ortes immer wieder eine Rolle spielten und die heute zu den wichtigsten Besuchermagneten gehören. Die Altstädte locken hier aber ebenso wie die kulturellen Angebote, auf die Stadtverwaltung und Einheimische größten Wert legen.
Warum und wo wurden Städte angelegt?
Ehe wir zehn mittelalterliche Städte vorstellen, klären wir erst einmal, warum diese großen Siedlungen überreicht errichtet wurden. Meist handelte es sich bei den Siedlungen aus römischer Zeit um Kastelle oder Lager für die Legionen – Ausgangspunkte für das Militär, von wo aus sie das feindliche Land überwachen und erobern konnten. Die Flächen waren rechtwinklig begrenzt und besaßen zwei Hauptstraßen. Als die Normannen und die Ungarn über das Land hereinbrachen, lernten die Germanen das Leben hinter den schützenden Mauern zu schätzen. Hier fanden sie Schutz und begannen damit, die Siedlungen auszubauen.
Die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts brachte einen wahren Bauboom, der sich über zwei Jahrhunderte hinweg erstreckte. Die Ortschaften wurden weiterhin rund um Burgen oder Schlösser und Wehranlagen angelegt. Doch auch die Nähe zu Wasserstraßen oder anderen Handelswegen wurde gesucht – eine gute Infrastruktur wussten schon die Menschen im Mittelalter zu schätzen! Fazit: Schutz und Sicherheit sowie gute Handelsmöglichkeiten waren die Gründe für das Anlegen der geregelten Ortschaften, die nach und nach wuchsen und heute als mittelalterliche Städte so sehenswert sind.
Mittelalterliche Städte: Wer lebte dort?
Mittelalterliche Städte waren gut durchmischt – sowohl Bürger als auch Nichtbürger lebten dort. Bürger hatte alle Freiheiten und mussten nicht an der Heerfahrt teilnehmen. Allerdings galten für sie auch die Wehrpflicht und die allgemeine Bürgerpflicht. Sie mussten im Kriegsfall zu den Waffen greifen und sich ansonsten an der Stadtbefestigung beteiligen. Sie hatten Steuern zu zahlen und mussten dabei helfen, Stadtschulden abzutragen. Wer Bürger werden wollte, musste den Bürgereid ablegen, der immer wieder wiederholt werden sollte. Außerdem war eine Eintrittsgebühr zu entrichten. Später dann kamen weitere Bedingungen dazu wie Haus- und Grundbesitz, ein Mindestvermögen und die eheliche Herkunft.
Neben den Bürgern gab es die Pfahlbürger, die ebenfalls das Bürgerrecht besaßen und außerhalb des Ortes auf dem Land lebten. Sie hatten Steuern zu zahlen, mussten Wachdienste leisten teilweise ein Grundstück im Ort erwerben und zumindest im Winter dort wohnen.
Die Nichtbürger wurden auch Nichtwohner genannt und besaßen kein Bürgerrecht. Dennoch mussten sie Steuern zahlen und Wehrdienste verrichten. Städtischer Grundbesitz konnte kaum erworben werden, auch die Aufnahme in einer Zunft oder Gilde war schwierig. Politische Rechte wurden den Nichtbürgern natürlich ebenfalls nicht zugestanden.
Mittelalterliche Städte vorgestellt: 10 Beispiele in Deutschland
Nachdem Sie nun wissen, warum Städte gegründet wurden und wer einstmals dort lebte, stellen wir Ihnen zehn Stadtbeispiele vor – dabei verzichten wir bewusst auf die neuerliche Präsentation von München, Hamburg oder Bremen, sondern konzentrieren uns auf die kleineren Städte, die Deutschland zu bieten hat. Sie alle sind vom „Startkern“ aus gewachsen – dieser einstige Startkern bildet heute die Altstadt, die in vielen Fällen fast unverändert geblieben ist.
1. Rothenburg ob der Tauber malerische mittelalterliche Stadt
Die einstige Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber präsentiert sich noch heute mit einem Stadtbild, das dem des Mittelalters entspricht. Schlanke Türme, große Wehranlagen und malerische kleine Gassen, die von hübschen Häuschen links und rechts gesäumt sind – Rothenburg ob der Tauber bietet wirklich ein Bild aus vergangenen Zeiten. Die Fachwerkhäuser mit den grünen Gärten dahinter laden zum Anschauen, Bummeln und Entspannen ein.
Große Kirchen verheißen Ruhe und Frieden bei Gebeten und Andachten. Baudenkmäler und Kulturgüter sind in einer tollen Mischung hier zu sehen und bieten architektonisch interessierten Besuchern ebenso viel zu sehen wie Menschen, die sich in der Zeit zurückversetzt fühlen wollen. Die Altstadt von Rothenburg wirkt sehr ursprünglich und zeigt kaum Einflüsse aus modernen Zeiten. Die umgebende Stadtbefestigung wurde gut erhalten und stellt den Bruch hin zu der unverbauten Landschaft dar, die den Ort umgibt. Die Ursprünglichkeit sollte über all die Jahre hinweg erhalten bleiben und das ist auch sehr gut gelungen!
2. Trier die mittelalterliche Stadt der Römer
Die Römer waren es, die Trier ungefähr im Jahr 16 vor Christus gründeten, wobei der Ort damals den Namen „Augusta Treverorum“ trug. Schon bald wurde diese Siedlung zum Hauptort und entwickelte sich zum Hauptregierungssitz der Kaiser Roms. Die lange Geschichte sehen Besucher Trier insofern an, als dass dieser Ort wie viele mittelalterliche Städte eine Altstadt aufweist, die scheinbar keinerlei Veränderungen unterworfen war.
Historische Kunstschätze sind hier ebenso zu sehen wie einzigartige Baudenkmäler, von denen einige zum Weltkulturerbe der UNESCO zählen. Weltberühmt ist Triers Porta Nigra, das Stadttor aus römischen Zeiten. Auch der Dom ist bekannt, dazu kommen die verschiedenen Thermen, die Trier zu einer ausgewählten Urlaubsdestination machen. Wie viele Altstädte zeigt sich Trier in einer Verbindung aus Historie und Moderne: Die Restaurants, Geschäfte und Bars der Innenstadt verbinden sich mit den altrömischen Überbleibseln zu einer perfekten Ansicht, die Trier so sehenswert macht.
3. Meersburg eine mittelalterliche Stadt mit Charme
Am Bodensee in der Nähe von Friedrichshafen findet sich eine weitere Stadt in Deutschland, die in die Kategorie „mittelalterliche Städte mit Flair“ passt. Meersburg ist nicht nur für die Schönheit seiner Altstadt bekannt, sondern auch für die zahlreichen Restaurants und Weinstuben, die in der Hauptsaison bis zu eine Million Besucher anlocken. Dabei handelt es sich vorrangig um Tagesausflügler, denn Meersburg ist mit dem Auto oder per Schiff sehr gut zu erreichen.
Neben den Tagesgästen können aber auch Übernachtungsgäste begrüßt werden – bis zu 250.000 sind es pro Jahr. Sie nutzen die zahlreichen Hotels und Pensionen zur Übernachtung, fühlen sich in Privatzimmern und Ferienwohnungen wohl. Meersburg ist der perfekte Ort für einen Urlaub und trägt nicht umsonst die Auszeichnung „Erholungsort“. Neben der reizvollen Lage am Fuße der Schweizer Alpen bietet Meersburg die mittelalterliche Burg, das Neue Schloss und die Meersburg Therme als wichtigste Ausflugsziele an.
4. Wismar mittelalterliche Stadt und Weltkulturerbe
Wenn mittelalterliche Städte in Deutschland betrachtet werden sollen, darf Wismar natürlich nicht fehlen. Einzigartig sind die Bauwerke hier, diese wurden aufwendig restauriert und erstrahlen seit mehr als zwanzig Jahren wieder in ihrem ursprünglichen Glanz. Besuchen Sie die alten Bürgerhäuser, die Kirchen aus der Zeit der Gotik, die barocken Gebäude und das Rathaus im klassizistischen Stil – sie alle machen Wismar zu einem Ausflugsziel der besonderen Art und sorgen für ein einzigartiges Flair.
Historische Orte wie dieser lassen den Besucher ein Gefühl für die damalige Zeit bekommen – sogar der Grundriss von Wismar ist bis heute fast unverändert geblieben. Die Altstadt zählt zu den am besten erhaltenen im Norden Deutschlands und gehört seit 2002 zusammen mit Stralsund zum Weltkulturerbe der UNESCO. Schauen Sie sich den Alten Hafen an, den einstigen Handelsplatz und heutigen Hafen für Segelboote, Jachten und Fischkutter. Erleben Sie die vielen Feste in Wismar, schauen Sie sich Galerien und Ausstellungen an und besuchen Sie Theateraufführungen und Konzerte. Hier ist für jeden etwas dabei!
5. Celle mittelalterliche Stadt in Niedersachsen
Auch Celle gehört zu den Städten, in denen man mindestens einmal gewesen sein muss. Celle war einst eine der wichtigsten Residenzstädte in Niedersachsen und für beinahe drei Jahrhunderte lang Residenz der Landesherzöge. Die Geschichte reicht über 700 Jahre zurück und ein Teil davon können Sie bei einem Besuch hautnah erleben.
Schauen Sie sich zum Beispiel das Denkmal auf der Stechbahn an, welches Herzog Ernst dem Bekenner für seine Einführung der Reformation im Jahr 1526 gewidmet ist. Oder seien Sie Gast im Schlosstheater, besuchen Sie den Französischen Garten oder das Welfenschloss. Stadtkirche, Altes Rathaus und Hoppener Haus sind ebenfalls wichtige Sehenswürdigkeiten, die bei einem Besuch von Celle unbedingt dazugehören sollten.
6. Nördlingen
Die ehemalige Reichsstadt Nördlingen in Bayern präsentiert sich den Besuchern mit einer Vielzahl von gut erhaltenen Häusern aus der Zeit des Mittelalters und teilweise aus der Renaissance. Gehen Sie vom Marktplatz aus in nordwestlicher Richtung zur Eisengasse und von dort zum Tändelmarkt sowie zum Hafenmarkt. In der Eisengasse sehen Sie das Schneidtsche Haus, in dem einst im Jahr 1563 Gustav II. Adolf nächtigte.
Der Hafenmarkt zeigt das Kaisheimer Haus, das früher zum Reichsstift Kaisheim zählte. Vom Tändelmarkt aus sehen Sie das Klösterle, das früher durch die Franziskanermönche bewohnt wurde .Neben den genannten Bauwerken und Gebäuden sehen Sie in Nördlingen zahlreiche weitere Gebäude aus dem Mittelalter – historische Ortschaften wie diese entführen den Besucher immer wieder in frühere Zeiten.
7. Weilburg mittelalterliche Residenzstadt
Weilburg ist ein Luftkurort – staatlich anerkannt – und war einst eine Residenzstadt wie viele andere mittelalterliche Städte auch. Hier wohnten allerdings über mehrere Jahrhunderte hinweg die Adligen, die das prächtige Schloss errichten ließen. Es prägt heute Weilburg und zieht alljährlich viele Tausend Besucher an. Angegliedert ist eine Parkanlage, außerdem befindet sich in der Schlosskirche die Fürstengruft mit Grablege.
Sie lieben Musik? Dann sind die Weilburger Schlosskonzerte ein Pflichttermin. Sie finden seit 1973 in jedem Jahr statt und werden im Schloss, im Renaissancehof oder in der Schlosskirche ausgerichtet. Klassische Musik von verschiedenen Komponisten wird vor historischer Kulisse gespielt.
8. Neustrelitz
In Mecklenburg-Vorpommern liegt Neustrelitz, ein vielen Menschen unbekannter Ort, der einige mittelalterliche Städte erblassen lässt. Neustrelitz wurde einst als barocke Planstadt gegründet, ist allerdings keine wirkliche Mittelalterstadt. Die Gründung erfolgte erst später, dennoch mutet die Stadtkulisse an, als würde der Ort schon seit gefühlten Ewigkeiten bestehen.
Sehenswert ist der Neustrelitzer Schlosspark, der als einziger vom ehemaligen Residenzschloss übrig geblieben ist. Das Schloss selbst wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört. Besuchen Sie auch die neugotische Schlosskirche, die Orangerie im klassizistischen Stil und andere Sehenswürdigkeiten, die sich im Residenzviertel von Neustrelitz befinden. Neustrelitz ist nicht zuletzt dank des Immergut Festivals, welches hier alljährlich stattfindet, ein Besuchermagnet der Region.
9. Hitzacker mittelalterliche Stadt zum verlieben
Die Stadt Hitzacker im Landkreis Lüchow-Dannenberg besticht vor allem durch die Stadtinsel, die durch die vielen Fachwerkhäuser geprägt ist. Hier findet sich auch das Zollhaus, welches heute unter Denkmalschutz steht. So klein der Ort ist, so zahlreich sind doch die Sehenswürdigkeiten. Besuchen Sie die Villa Max Adolf oder die St. Johannis-Kirche, das Schöpfwerk oder die Kateminer Mühle. Oder schauen Sie sich die Ausgrabungen am Hitzacker See an, den Opferstein bei Pudripp oder die Fürstengräber von Marwedel – in und um Hitzacker gibt es immer etwas zu entdecken.
10. Uslar mittelalterliche Stadt mit Besonderheiten
Wie in Bayern, so gibt es auch in Niedersachsen interessante mittelalterliche Städte, deren Altstädte zu überzeugen wissen. So auch Uslar, der staatlich anerkannte Erholungsort, durch den die Ferienroute „Straße der Weserrenaissance“ führt, die Deutsche Fachwerkstraße und ein Teil der Deutschen Märchenstraße. Die gesamte Region wird in den Tourismusführern beschrieben und als Uslarer Land angepriesen. Die Gäste hier können in Hotels und Pensionen nächtigen oder nutzen das kleine Feriendorf mit seinen 18 Ferienhäusern. Familien fühlen sich ebenso wohl wie Paare oder Alleinreisende, denn rund um Uslar gibt es so vieles zu entdecken. Die große Besonderheit ist das Baumhaushotel in Schönhagen.
Das Wahrzeichen der Stadt ist das ehemalige Rathaus mit seinem Uhrturmdach aus Kupfer, das 2006 für mehrere Millionen Euro saniert worden ist. Die Sanierung ist zwar bei den Einheimischen umstritten gewesen, doch heraus kam ein wunderschönes Gebäude, welches durchaus sehenswert ist.
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